Mein lieber Schwan - eigentlich 2001 in einem Bremer Weinlokal aus einer Schnapsidee entstanden. Ein gitarristischer Kneipier und seine lesende Tresenkraft, unter Zuhilfenahme eines bassigen Bewährungshelfers, dem sich noch ein Sozialarbeiter hinzugesellte, um auf die Pauke zu hauen. Zuallererst so eine Band, die im übertragenen, wie im wortwörtlichen Sinne, keinen Namen hat. Dann firmierend unter Bahnhof Kofferclown, kurzzeitig auch mal Elektrik Rotwein. Nach knapp einem Jahr des Bestehens - wahrscheinlich als wir gerade beschlossen hatten, uns Bahnhof Kofferclown zu nennen - ging der Bewährungshelfer, dem wir natürlich nicht kriminell genug waren.

Ersetzt wurde er duch einen Haupt- und Realschullehrer, der von Beginn jener ersten Tage an, unser aller Abkommen vom rechtschaffenen Wege zu verhindern suchte. Abgesehen von den Ferienzeiten, wo wir uns allein überlassen blieben. Wir hießen nun einige Jahre Der sechste Finger. Und wieder scheint sich niemand zu erinnern, worauf wir damit eigentlich hinweisen wollten. 2008 verließ uns nach erfolgreich getaner Arbeit der Sozialarbeiter und es stieß ein dringend benötigter Krankenpfleger von einer Suchtstation zu uns. Ihm gelang es glänzend, durch seine bloße Anwesenheit unser Alter erheblich zu senken. In etwa seitdem nennen wir uns aus verschiedenen, sehr geheimen Gründen, die wir aus Sicherheitsgründen  allesamt vergessen haben: Mein lieber Schwan. Mal ist er weiß, mal ist er schwarz.

Das ging verdammt lange gut, über 10 Jahre ein- und dieselbe Besetzung. 2015 gingen wir sogar mal für einen Tag ins Studio und nahmen die EP "Sauber! Lager für alle!" auf, die eines Tages sicher - wir sind alle Spekulanten - einen sehr hohen Sammlerwert haben wird. Aber dann zum Ende des Jahrzehnts überschlugen sich die Ereignisse. Erst ging der Lehrer in seinen wohlverdienten Ruhestand, was leider seine Abwesenheiten - die sich bis dato auf Ferienzeiten beschränkt hatten - noch einmal unberechenbar ausweitete, und uns - nolens volens - meist zum Trio verkümmern ließ. Wir mussten ihn schließlich vor die Wahl stellen: entweder "Unruhestand" oder "Ruhestand" - er wählte den "24/7-Ruhestand". Und dann kamen ganz wunderliche Zeiten. Drei (ca.) Wunder sehr unterschiedlicher Qualität ereigneten sich. Wunder N°1:"Ten years after! The return of our long gone Sozialarbeiter!" Wunder N°2a: Eine Epidemie mit kirre machenden Begleiterscheinungen forderte auch unter uns ihren Tribut... Ein Gründungsmitglied stieg aus.

 

Wunder N°2b: In diesem turbulenten Zusammenhang versank zu allem Überfluß unser Schlagzeuger zusehends in einem Bermudadreieck bestehend aus Care-Arbeit, Care-Arbeit und Care-Arbeit, um dann (gefühlt) eines Tages nicht vom Zigaretten holen zurückzukommen. Vorher hatte er zum Glück aber noch (krieg ich das zusammen?) den Freund der Freundin einer Freundin (oder so) mitgebracht, der virtuos den vakanten Gitarrenpart übernahm. Er glaubt scheinbar auch an die wirtschaftliche Rentabilität unserer Band. Nun, er muss es wissen, ist ja vom Fach. Aller guten Ding sind, genau ... Wunder N°3: Aus den Tiefen von Raum, Zeit und Familienkorsettt auferstand im Sommer 2021 ein Archetypus von Schlagzeuger, eine echte "Killermotte", eine Urgewalt mit Gehörschutz. Und so ging es zu 3/4 durchgetauscht weiter mit... Schlagzeug, Bass, Schwanengesang, zwei Gitarren.

Mein lieber Schwan. Mal ist er schwarz, mal ist er weiß.